Festsetzung von Geldstrafen – Zum Umgang mit dem Tagessatzsystem in der Praxis
DOI:
https://doi.org/10.18716/ojs/krimoj/2019.2.11Schlagworte:
Geldstrafe, Tagessatzsystem, Tagessatzhöhe, Strafzumessung, UngleichheitAbstract
Bislang gibt es keine empirische Studie darüber, wie genau Richter*innen und Staatsanwält*innen die Tagessätze für Geldstrafen im deutschen Rechtssystem berechnen. Tagessätze sind ein System der Geldstrafenberechnung, die mehr Gleichheit für Menschen mit unterschiedlichen Einkommen erzielen soll, weil sie die wirtschaftlichen Umstände des Einzelnen in den Blick nimmt. Wir haben die Praxis der Geldstrafenzumessung und die Einschätzung der Akteur*innen bezüglich der Gerechtigkeit des Systems in Gruppendiskussionen erfragt. Dieser Aufsatz erläutert, wie Richter*innen und Staatsanwält*innen die Tagessatzhöhe, deren Betrag sich an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Verurteilten orientiert, festlegen. Den Akteur*innen fehlt häufig jegliche Information über die Umstände der Angeklagten und so schätzen sie. Diese Schätzungen variieren ebenso nach Ort und Person wie die gemachten Abzüge. Das führt zu erheblichen Inkonsistenzen für Verurteilte, da die Tagessätzhöhen so nicht ihre finanzielle Lage widerspiegeln. Wir fragen anschließend, warum es Richter*innen und Staatsanwält*innen schwer fällt, die finanziellen Umstände der Angeklagten einzuschätzen. Sie scheinen Schwierigkeiten mit der Erfassung von Armut zu haben und setzen daher die Tagessätze zu hoch an. In unserer Schlussfolgerung fragen wir, was die Ergebnisse für Reformen bedeuten und für Überlegungen, das Tagessatzsystem als Ansatzpunkt für das US-amerikanische System zu sehen, die dortigen hohen Geldstrafen und Gebühren zu senken.
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